Haushaltsrede 2020

von Stefanie Janßen-Rickmann, Fraktionsvorsitzende und Bürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Bünde:

„Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen (…) so zu schützen, dass

  1. Die biologische Vielfalt,
  2. Die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter (…)

von Dauer gesichert sind (…)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Sehr geehrte Damen und Herren,

was meinen Sie, wessen Text ich soeben rezitierte? Nein, nicht vom NABU oder dem BUND. Nein, der Text ist auch kein Ausschnitt aus unserem grünen Parteiprogramm. Das ist ein gekürzter Ausschnitt des Bundesnaturschutzgesetzes von 1976. Das Gesetz musste 44 Jahre alt werden und ein inzwischen 17-jähriges Mädchen musste in den Schulstreik treten und mit Fridays for Future die Schülerinnen und Schüler weltweit mobilisieren, damit wir alle aus unserer Komfortzone aufwachen.

Auch in unserem Bünde ist der Klimastreik und das Klimaproblem angekommen. Alle hier versammelten Parteien haben im letzten Jahr Anträge zum Klimaschutz eingereicht. Diesen Punkt finde ich übrigens sehr bemerkenswert!

Aber ….

im Haushalt 2020 findet sich der Klimaschutz -bis auf den Beitrag für das Klimaschutzkonzept und die von der Verwaltung als rechtswidrig eingestuften Fahrradstraßen – leider trotzdem nicht wieder.

Aus diesem Grunde brachten wir zwei Haushaltsbegleitanträge ein. Wir finden, wir haben keine Zeit mehr. Die zunehmenden Umweltkatastrophen weltweit und vor allem die extreme Wetterlage auch hier in Bünde im letzten Jahr haben dazu geführt, dass Klimaschutz wesentlich stärker in das Bewusstsein der gesamten Bevölkerung gelangt ist. Inzwischen ist es Konsens, dass die volkswirtschaftlichen Kosten zur Vermeidung der Treibhausgasemissionen wesentlich niedriger liegen, als die Kosten der Anpassung an die zu erwartenden Schäden.

Das Thema Klimawandel ist sehr komplex. Fakten wurden und werden verdreht und falsch dargestellt. Ich zumindest habe dieses sehr umfassende Thema nur sehr schwer und wahrscheinlich auch noch nicht komplett durchdrungen. An manchen Stellen muss ich einfach nur den Fachleuten Glauben schenken.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen haben Ihnen ein kleines Büchlein zu diesem Thema ausgelegt. „Kleine Gase – Große Wirkung der Klimawandel“ veranschaulicht mit vielen Grafiken und kurzen prägnanten Sätzen das komplexe Thema. Wir hoffen, dass Ihnen dieses Buch genauso hilft, wie es uns geholfen hat, dieses Thema zu verstehen, damit wir gemeinsam Lösungen finden und umsetzen. „Wir kennen bereits alle Fakten und Lösungen. Alles, was wir tun müssen, ist aufzuwachen und etwas zu verändern“ sagt das oben genannte 17-jährige Mädchen mit dem Namen Greta. Egal wie man zu dieser jungen Dame steht, aber in diesem Punkt hat sie recht.

Jahrelang hieß es, dass unsere Jugend unpolitisch sei, aber die Jugendlichen der Fridays for Future bewiesen uns, dass die Jugend hochpolitisch, engagiert, motiviert ist. Die Jugendlichen möchten am politischen Prozess teilhaben. Uns muss es gelingen dieses Engagement zu fördern und stärkere Partizipation am politischen Prozess auch und insbesondere hier in der Kommunalpolitik zu ermöglichen. Noch haben wir keine Beteiligung, aber die ersten Gespräche finden am 17.03.2020 hier im Ratssaal statt.

Zusätzlich beschäftigen wir uns mit den Aufenthaltsorten der Jugendlichen. Die Jugendlichen gehören nicht an den Rand der Stadt gedrängt, sondern ins Zentrum. Leider war die Überlegung der Verlegung des Jugendzentrums an die Hasskampstraße aus Lärmschutzgründen nicht möglich.

Wenn aber die Verlagerung auf andere innerstädtische Grundstücke nicht geht, sollten wir wenigstens den Bestandsschutz nutzen und das Atlantis dort lassen, wo es ist. Eine Außenfläche im Zentrum für eine offene Jugendarbeit ist gesucht und gefunden worden.

Insgesamt haben wir heute über einen Haushaltsplanentwurf mit einem Defizit von knapp 1,4 Mio. Euro zu entscheiden, der über die Ausgleichsrücklage gedeckt ist.

Der Haushalt 2020 ist mal wieder geprägt von Fremdeinwirkungen. Die Haushaltssituationen der Städte und Gemeinden in NRW leidet nach wie vor unter einer strukturellen Unterfinanzierung. Die Steuereinnahmen sind noch immer auf einem sehr hohen Niveau, aber leider sind auf Grund dieser sehr guten Entwicklung die Schlüsselzuweisungen extrem stark gesunken. In den vergangenen Jahren wurden vom Bund und vom Land Entlastungsprogramme für Kommunen auf dem Weg gebracht, aber dennoch bleibt das strukturelle Problem bestehen.

Wir stehen in der Verantwortung, unseren Kindern und Enkelkindern keinen Schuldenberg zu hinterlassen. Wir stehen aber ebenso in der Verantwortung, jetzt klug und weitsichtig zu investieren und eine intakte Infrastruktur und Umwelt zu erhalten und zu schaffen. Uns Grünen fehlt allerdings im Moment noch die erkennbare Absicht die beginnende Klimakatastrophe auch hier in Bünde massiv zu bekämpfen.

Leider fand unser Antrag einen Umweltausschuss zu etablieren keine politische Mehrheit. In der nächsten Legislaturperiode wollen wir einen Umweltausschuss. Wir wollen alsbald auch ein Umweltamt, welches für den Natur- und Klimaschutz in Bünde zuständig ist. Dieses Amt soll die Anlaufstelle für alle Bünderinnen und Bünder sein, die Fragen oder Vorschläge zur Umsetzung des Klimaschutzes in Bünde haben. Wir wollen einen Klimaschutzmanagerin oder -manager, der die Themen des Umwelt- und Klimaschutzes voranbringt und der die Aufgaben des bereits in Auftrag gegebenen Klimaschutzkonzeptes umsetzt.

Wir bereiten einen Antrag vor, dass zukünftig im Vorbericht des Haushaltes die CO2-Entwicklung der Stadt Bünde zu benennen ist. In den Haushalt gehört in unseren Augen nicht nur ein monetäres Budget, sondern auch ein CO2 Budget. Der klare Vorteil eines CO2-Haushaltes ist, dass er zeigt, wer für die Emissionssenkungen verantwortlich ist.

Jetzt habe ich ebenfalls in meiner Rede etwas „Wahlkampf“ betrieben, aber ich hoffe, dass wir trotz der anstehenden Kommunalwahl in den nächsten Monaten gut zusammenarbeiten und nicht nur Wahlkampf betreiben, sondern uns in einen Wahlwettbewerb begeben, der mit guten Ideen unser Bünde liebens- und lebenswert erhält.

Nach der gestrigen Ministerpräsidentenwahl ist es mir ein Bedürfnis noch einmal explizit zu erwähnen, dass wir von Bündnis 90/Die Grünen – auch hier in Bünde – keinen Millimeter nach rechts rücken werden. Mir läuft es bei dieser Wahl eines Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD eiskalt den Rücken hinunter. Ich weiß nicht, was mir mehr Angst macht, diese Wahl oder der Klimawandel.

Wir Grüne begrüßen die vorsichtige Haushaltsführung der Verwaltung, die es in den vergangenen Jahren ermöglichte positive Ergebnisse zu erzielen. Unser Dank für die Erstellung des Haushaltes geht an die Kämmerei und wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die Unterstützung in vielerlei Hinsicht.

Wir Grüne haben uns die Entscheidung über den vorliegenden Haushaltsentwurf nicht leicht gemacht.

Auf Grund der guten Ansätze, die auch durch unsere Anträge in die richtige Richtung zeigt, werden wir dem Haushalt zustimmen.

Vielen Dank