Dekolonialisierung des Bünder Zigarrenmuseums

Bünde, 3. Februar 2024

Antrag:

Sehr geehrte Frau Rutenkröger,

die Ratsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN bittet um Behandlung und Beschlussfassung des folgenden Antrags durch den Kulturausschuss.

Beschlussvorschlag:

Im Eingangsbereich des Deutschen Tabak- und Zigarrenmuseums wird seitens der Verwaltung eine Hinweistafel aufgestellt, die in Form eines Disclaimers darauf hinweist, dass in der Ausstellung Darstellungen und Wörter zu sehen/lesen sind, die Besucherinnen und Besucher als rassistisch und ihre Würde verletzend empfinden könnten. Deshalb sollte hier auch zum Ausdruck kommen, dass die Stadt Bünde diesen Zustand sehr bedauert und daher beabsichtigt, eine rassismussensible Neukonzeption der Ausstellung in Auftrag zu geben. Der Hinweis wird auch auf der Homepage des Museums platziert.

Erklärung:

»Das Ausmaß des europäischen Kolonialismus ist immens: Er hat eine über 500-jährige und bis heute andauernde Geschichte«1. Dennoch ist eine kritische Aufarbeitung des kolonialen Erbes erst in den letzten Jahren in den Fokus von Wissenschaft und Öffentlichkeit gerückt. Auch wir hier in Bünde sollten uns der historischen Verantwortung und Erkenntnis stellen, dass durch den Kolonialismus entstandene rassistische Denkmuster und wirtschaftliche Ausbeutungsmechanismen weiterhin die eigene Lebenswelt beeinflussen.

Vor diesem Hintergrund ist ein komplett neues Konzept für die vorhandene Dauerausstellung im Deutschen Tabak- und Zigarrenmuseum zu erarbeiten. Neben einem veränderten regionalgeschichtlichen Ansatz, der kultur- und sozialgeschichtliche Aspekte der hiesigen Frauen- und Kinderarbeit stärker betonen könnte, muss die Ausstellung dringend dekolonialisiert werden. Das bedeutet, sich von der bisherigen eurozentrischen Sichtweise auf die Tabakgeschichte zu lösen und rassismussensibel darzustellen. Letzteres ist in der aktuellen Ausstellung nicht der Fall. Exponate mit exotisierenden, rassistischen Darstellungen (z.B. indigene Bewohner der Karibik knien vor spanischen Eroberern), die unkritische Verwendung von Fremdbezeichnungen (etwa „Mohr“) und die Präsentation von Ausstellungsstücken ungeklärter – vermutlich afrikanischer – Herkunft, machen eine schon kurzfristige Reaktion notwendig.

Die oben beschriebene Hinweistafel erfüllt zwar nur die bescheidene Funktion eines Disclaimers, ist aber besser als nichts, denn sie signalisiert Besucherinnen und Besuchern, die sich von den Darstellungen in der jetzigen Dauerausstellung in ihrer Würde verletzt fühlen, zumindest, dass wir in Bünde gewillt sind, Rassismus als gesellschaftliches Problem anzuerkennen und entsprechend darauf reagieren wollen.

Quellen:
1Glokal e.V.(Hg.): Mit kolonialen Grüßen, Berlin 2013, S. 8